Gendern in Anleitungen: Muss das sein?
Worauf es bei geschlechterneutralen Formulierungen in der Technischen Dokumentation ankommt
www.pexels.com/Tim Mossholder
Gendern in Anleitungen? Klar, das geht. Aber ist es sinnvoll? Gerade wenn Sprache und Satzbau so einfach wie möglich gehalten werden sollen, empfinden viele Leser*innen den Genderstern als Stolperstein im Lesefluss.
Gendergerechte Sprache hält derzeit in vielen Lebensbereichen Einzug und wird Teil unseres Alltags. Wir wissen inzwischen, dass Nachrichtensprecher*innen keineswegs stottern oder an Schluckauf leiden, wenn sie den Asterisk in „Politiker*innen“ durch eine hörbare Pause hervorheben. Vielleicht wird uns diese Sprech- und Schreibweise in einigen Jahren schon ganz selbstverständlich vorkommen.
Dass gendergerechte Sprache gerade im Berufsleben notwendig ist, um Gleichberechtigung zu schaffen, ist unstrittig. Wer nicht genannt wird, ist unsichtbar, und wer unsichtbar ist, wird vergessen oder übergangen. Das häufig zitierte Argument, Frauen seien mit der männlichen Anredeform „mitgemeint“, sticht nicht: Studien belegen, dass bei Bezeichnungen wie „Lehrer“, „Nutzer“, „Anwalt“ etc. in unseren Köpfen fast ausschließlich das Bild von männlichen Vertretern dieser Berufe entsteht.
Fremdsprachen ticken anders
Welche Bedeutung hat das in einer Bedienungs- oder Betriebsanleitung? Diskriminiert es Nutzerinnen, Administratorinnen oder Betreiberinnen, wenn nicht gegendert wird? Leiden darunter womöglich die Sicherheit oder die Verständlichkeit? Als Pragmatiker*in möchte man sagen: Nein. Und zwar aus einem einfachen Grund. Die meisten Anleitungen werden in andere Sprachen übersetzt – Sprachen wie beispielsweise das Englische, die mit wenigen Ausnahmen gar keine genderspezifischen Personenbezeichnungen kennen.
Zwar kommen inzwischen sogar gute Übersetzungsprogramme mit gegenderten Substantiven zurecht und übersetzen „Nutzerinnen und Nutzer“ nicht mit „users and users“. Kompliziert wird es aber bei Indefinitpronomen wie „jeder“, „keiner“ oder dem „der“ als Einleitung eines Relativsatzes. Hier ist die maskuline Form so fest in der Grammatik verankert, dass die Wahl des Femininums oder Neutrums in ungünstigen Fällen zu Übersetzungsproblemen oder falschen Bezügen führen kann. Genderneutrale Anglizismen sind ein weiteres Problem. Werden „User“ in Softwareanleitungen künftig zu User*innen, die Master*innen-Passwörter eingeben oder Supervisor*innen-Rollen einrichten?
Clevere Alternativen finden
Es lohnt sich, für das Erstellen gendergerechter und gleichzeitig verständlicher Anleitungen nach pfiffigen Alternativen zum Genderstern zu suchen. Berufsbezeichnungen können neutral mit -kraft, -person, -berechtigte beschrieben werden oder auf die Endung -ung ausweichen. Auch Verben oder Adjektive sind manchmal eine gute Lösung. Inspirationen gibt es dazu im Web, z. B. auf https:www.geschickt-gendern.de.
Zum Thema „Gendern in Anleitungen – muss das sein?“ haben die Dokuhelden (und Dokuheld*innen) auch eine kleine Umfrage gestartet. Machen Sie mit und lassen Sie uns wissen, wie Sie über das Thema denken: https://survey.lamapoll.de/Gendern-in-Anleitungen---muss-das-sein-
0 Kommentare: