"Sagen wir doch einfach Du" zueinander

Die informelle Anrede setzt sich in immer mehr Unternehmen durch

von Silvia Schulte
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Foto: pexels/Pavel Danilyuk

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Du oder Sie? In vielen Branchen ist die informelle Anrede Teil der Unternehmenskultur. Jung, innovativ, aufgeschlossen – all das suggeriert ein „Du“, das sich über alle Hierarchien hinwegsetzen darf. Auch im Web ist die förmliche Distanz des „Sie“ mittlerweile die Ausnahme und findet bestenfalls im Kleingedruckten Anwendung.

Nicht jeder fühlt sich damit wohl. Wenn die Stimmung zwischen Chef und Angestellten auf dem Gefrierpunkt ist, kann auch das „Du“ keine Vertrauensbasis schaffen. Und so manche Führungskraft sieht mit dem Verzicht auf das respektvolle „Sie“ auch die Autorität entschwinden.

Tabu: selektives Duzen

Teams dagegen schätzen das „Du“, weil es die Unterschiede von Position, Alter oder Herkunft nonchalant überspielt. Vor allem für Neulinge wird die Eingliederung am Arbeitsplatz bedeutend einfacher, wenn vorbehaltlos die gleiche Anredeform gepflegt wird. Denn nichts ist schlimmer als selektives Duzen. Dürfen ausgewählte Kollegen ihren Teamleiter als „Klaus“ ansprechen, während andere weiterhin „Herr Müller“ sagen müssen, so wird das unterschiedliche Maß an verbaler Distanz als Ungleichbehandlung empfunden. Das belastet auf die Dauer das Arbeitsklima.

In vielen kleinen Unternehmen wie bei A2 Doku gehört das „Du“ deshalb von Anfang an zum Umgangston. Große Firmen tun sich mit einem Wechsel zur informellen Anredeform schwerer. Was sich innerhalb einer Abteilung noch durch den persönlichen Kontakt ergibt, wird spätestens bei der Mailkorrespondenz mit unbekannten Ansprechpartnern zum Problem. Darf ich oder darf ich nicht als Azubi aus der Buchhaltung die Konstruktionsleiterin der Entwicklungsabteilung duzen? Schließlich steht das „Sie“ noch immer – bewusst oder unbewusst – für die Anerkennung von Hierarchien, Rollen und Status.

Klarheit per Hashtag

Mit dem Hashtag #gernperDu wollten Mitarbeiter eines Autoherstellers vor rund 5 Jahren solche Unsicherheiten aus dem Weg räumen und auf unkomplizierte Weise die Offenheit für’s „Du“ signalisieren. Seitdem wird #gernperDu von vielen Menschen genutzt und beispielsweise in die eigene E-Mail-Signatur oder im Auftritt auf Business-Netzwerken eingebunden.

Kommunikation auf Augenhöhe mit Kolleginnen und Kollegen ist eine Sache. Komplizierter wird es, wenn man den Einflussbereich der eigenen Unternehmenskultur verlässt. Darf man zum Beispiel Kunden duzen? Mitarbeiter von schwedischen Möbelhäusern tun es, Angestellte von Kreditinstituten nicht.

Da haben es die anglophonen Sprecher mit ihrem „you“ doch bedeutend leichter. Oder auch nicht, denn auch Sprachen, in denen es die Höflichkeitsform in der 3. Person Plural nicht gibt, kennen das Du-Sie-Problem. Nur lautet im englischen Sprachraum in diesem Fall die Gretchenfrage: Vorname oder Nachname?

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