Usability Check: Wie tauglich ist meine Doku?
Warum Usability in Bedienungsanleitungen wichtig ist
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Wann ist eine Bedienungsanleitung gut? Natürlich dann, wenn der vorgesehene Nutzer etwas damit anfangen kann, die benötigten Informationen schnell findet und das beschriebene Produkt gut und sicher bedienen kann. Dafür gibt es Evaluierungsmethoden – sie werden in der IEC/IEEE 82079-1 explizit gefordert.
„Starten Sie doch mal den Kran.“ So lautete die Aufgabe meines ersten Usability Tests. Ein Kunde wollte herausfinden, ob die Betriebsanleitung seiner Maschine alle Handlungen in der notwendigen Tiefe beschreibt, die für bestimmte Märkte notwendig ist.
Wann ist eine Bedienungsanleitung gut? Natürlich dann, wenn der vorgesehene Nutzer etwas damit anfangen kann, die benötigten Informationen schnell findet und das beschriebene Produkt gut, korrekt und sicher bedienen kann. Jeder Technische Redakteur weiß das und setzt diesen Anspruch entsprechend um. Doch ob das Ergebnis wirklich gelungen ist, zeigt erst eine Evaluierung.
Die Zielgruppe im Blick
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass solche Prüfverfahren für die Technische Dokumentation keine Kür sind, sondern Pflicht. Die IEC/IEEE 82079-1 fordert eine kontinuierliche Verbesserung der Nutzungsinformation. So heißt es beispielsweise im Kapitel 6.3.1 der Norm: „Usability-Tests sollten verwendet werden, um zu zeigen, dass die Nutzungsinformation den Zielgruppen ermöglicht, die beschriebenen Aufgaben auszuführen, oder um Mängel aufzuzeigen.“
Wie genau das aussehen kann, beschreibt Kapitel 6.3.3: „Evaluierungen sollten mit Methoden wie Begutachtungen durch Kollegen, Walk-throughs und Inspektionen durch Experten, die nicht dem für die Entwicklung des unterstützten Produkts verantwortlichen Team angehören, durchgeführt werden.“
Die gebräuchlichste Methode der empirischen Evaluation für die Technische Dokumentation ist der Usability-Test, der Lücken und Schwachstellen in den Nutzungsinformationen aufspüren soll und Gebrauchstauglichkeit sowie Verständlichkeit checkt.
Testperson löst Aufgaben
Beim klassischen Usability Test muss eine Testperson an dem beschriebenen Gerät bestimmte Aufgaben ausführen und darf dafür nur die Bedienungsanleitung zur Hilfe nehmen. Eine zweite Person dokumentiert diesen Vorgang und hält fest, wie schnell die Testperson die Aufgaben löst, an welchen Stellen sie Probleme hat usw.
Wie aussagekräftig der Usability Test ist, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Hat die Testperson die gleichen Qualifikationen und den gleichen Wissensstand wie die Zielgruppe der Nutzungsinformation? Sind die Einsatzbedingungen miteinander vergleichbar? Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob die Aufgabe „AED-Defibrillator einschalten“ in Ruhe am Schreibtisch gelöst werden kann oder im Ernstfall, wenn ein Mensch mit Herz-Kreislaufstillstand vor dem Anwender liegt.
Im Fall des Usability Tests, den ich am Kran durchgeführt habe, kam gleich eine wichtige Schwachstelle ans Licht. Mit dem Handbuch gewappnet hatte ich die Kabine erklommen und diverse Handlungsschritte der Einschaltprozedur ausgeführt. Dann stieß ich auf den Satz: „Schalten Sie den Batterie-Trennschalter ein.“ Der Batterie-Trennschalter befand sich aber nicht in der Kabine, sondern außen, und er hätte logischerweise ganz zu Beginn der Einschaltprozedur aktiviert werden müssen. Also ein typischer Fall von falscher Handlungsreihenfolge. Das Ärgerliche: die Beschreibung der Einschaltprozedur stammte von mir selbst. Aber während ich fluchend wieder von der Kabine herunterkletterte, war ich mich sicher, dass mir ein solcher Lapsus nie wieder passieren würde.
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